Wann darf man beim Schnapsen zudrehen? Und wann sollte man zudrehen?
09.06.2021 20:29
Heute beschäftigen wir uns mit einem sehr mathematischen Thema, also raus mit den Taschenrechnern und viel Spaß mit diesem Blogeintrag. Eines der wichtigsten Werkzeuge um erfolgreich zu Schnapsen ist das Zudrehen. Aber warum ist das Zudrehen so wichtig? Man stelle sich einfach einen Entscheidungsbaum vor. Den Stamm bilden die ausgegebenen Karten und von dort endet jede getroffene Entscheidung in einem anderen Ergebnis. So kann es beispielsweise vorkommen, dass eine Hand mit Zudrehen gewonnen werden würde, der Spieler aber das Zudrehen verpasst und eine weitere Karte ausspielt. Dadurch bekommt der Gegner wieder die Möglichkeit zu gewinnen, denn es darf immer nur derjenige zudrehen, welcher am Ausspielen ist. Nicht Zudrehen gleicht einer verpassten Chance das Spiel zu gewinnen, aber natürlich ist die Entscheidung was besser ist „Weiterspielen oder Zudrehen?“ nicht ganz so einfach und hängt von vielen Faktoren ab. Wir versuchen diese Faktoren hier zu definieren und auch eine mathematische Erklärung zu liefern.
1. Gewinnchance beim Zudrehen
Es ist sehr logisch, dass ich mir grundsätzlich die Frage stellen sollte, ob ich mit dem Zudrehen überhaupt genug bekommen kann, daher lassen wir die Frage auch so stehen. Die zweite Frage ist aber die weitaus wichtigere: Wie stehen meine Chancen mit dem Zudrehen genug zu bekommen? Ist es 30:70, 50:50, oder 70:30? Weiters ist anzumerken, dass je später im Spiel und desto weniger Karten im Talon liegen, diese Variable besser zu berechnen beziehungsweise abzuschätzen ist. Einer der größten Fehler beim Schnapsen ist es immer nur dann zu zudrehen, wenn man sicher genug bekommt. Durch diese ängstliche Spielweise verpasst man sehr viele Chancen auf Punkte und damit den Sieg.
2. Gewinnchance beim Weiterspielen
Es gibt Situationen, welche einem erzwungenen Zudrehen gleichen. Wann ist ein Zudrehen erzwungen? Wenn ein Ausspielen einer weiteren Karte die (fast) sichere Niederlage bedeutet, ich aber mit dem Zudrehen noch gewinnen kann. Mehr oder weniger wird einem oft die Entscheidung abgenommen, aber man muss erkennen können, wann ein Zudrehen der einzige Weg zum Sieg ist. Demnach sollte man wissen, wie hoch die Chance ist zu gewinnen, wenn nicht zugedreht wird.
3. Risk – Reward Ratio / Risiko – Ertrag Verhältnis
Beim Schnapsen gibt es Situationen, wo ich beim Zudrehen einen 1er gewinnen kann, aber einen 2er verlieren. Demnach sind solche Situationen unattraktiv fürs Zudrehen und oft das Risiko nicht wert. Hierbei kommt es oft auch auf den Spielstand im Bummerl an. In solchen Situationen braucht man auch eine weitaus höhere Siegchance um das Zudrehen besser als das Weiterspielen zu machen. (siehe 1.)
Mathematische Erklärung und ein Beispiel
Diese drei Faktoren sind wichtig und sollten immer im Hinterkopf bleiben. Grundsätzlich können wir dadurch folgende Regel feststellen:
Das Zudrehen ist dann besser, wenn man mehr Chance hat zu gewinnen als durchs Weiterspielen. Sollte das Risk-Reward Ratio nicht 1:1 sein, also man verliert einen 2er, aber kann nur einen 1er gewinnen braucht es eine doppelt so hohe Chance durchs Zudrehen zu gewinnen als durchs Weiterspielen.
Wir werden das ganze jetzt noch durch ein Beispiel, welches auch im Video (https://www.youtube.com/watch?v=3yrybVf3QhA) zu sehen ist, erläutern.
Folgendes Beispiel ist auch in unserem Video zu sehen. In diesem Moment liegen noch 3 Karten im Talon. Der zweite Stich von unserem Gegner war Karo/Schelle Bube und der Kreuz/Eichel Bube, welchen wir draufgegeben haben. Wie man sieht, habe ich in dieser Hand zugedreht und wir versuchen nun zu analysieren wieso das richtig oder falsch war. In dieser Situation kann ich einen 2er gewinnen oder einen 2er verlieren, daher interessiert uns das Risiko – Ertrag Verhältnis nicht, weil es 1:1 ist. Daher müssen wir uns jetzt ansehen, ob ich beim Zudrehen oder durchs Weiterspielen die bessere Chance habe zu gewinnen.
Berechnung der Gewinnchance beim Zudrehen:
Um diese Chance zu berechnen ist es für uns erstmal wichtig zu wissen, wie viele Kombinationen an Händen der Gegner haben kann. Hierfür gibt es eine Formel und ein beliebtes Beispiel, wodurch man auf die Lösung kommt. Es geht um Kombinatorik. Das Paradebeispiel in der Schule ist die Berechnung 6 aus 45. Also wie viele verschiedene mögliche Zahlenkombination beim Lotto gibt es? Wir berechnen hierfür aber 5 aus 8, weil eben 5 verdeckte Karten in der Hand des Gegners sind und weitere 3 verdeckte Karten im Talon. Hier zu der mathematischen Herleitung und Formel:
Es gibt also 56 mögliche Kombinationen. Mit genau derselben Formel kann man sich auch die Möglichkeiten für 1, 5, 7, 9 oder 11 verdeckte Karten im Talon berechnen. Als nächstes müsste man nun jede mögliche Kombination aufschreiben und durchspielen und sie dann in Gewinn- bzw. Niederlagenhände einteilen. Und dann einfach die Gewinnhände durch die möglichen Kombinationen teilen und man hat seine Gewinnchance beim Zudrehen. Ich habe es mir einfach gemacht und gesagt: Wenn der Gegner a) Eichel/Kreuz Zehner plus Schelle/Karo Ass oder b) Eichel/Kreuz Zehner plus Herz Zehner plus Herz Ass hält, gewinne ich. Das sind ungefähr knapp über 20 Kombinationen. Also ungefähr 40%. Gerne darf sich jemand die Arbeit machen und alle Kombinationen durchspielen und unter dem Youtube Video kommentieren was die genaue Gewinnchance ist. 😉
Berechnung der Gewinnchance beim Weiterspielen:
Diese Berechnung ist etwas schwieriger und kaum zu lösen, weil es eben noch von einem weiteren Zufallsfaktor abhängt, und zwar was hebe ich bzw. der Gegner nach dem Weiterspielen. Hier sollte man eher mehr auf Erfahrungswerte zurückgreifen. Das Problem, welches ich in diesem Beispiel habe, ist das ich keine Karte in der Hand habe, welche den Gegner unter Druck setzt. Weiters fehlt noch der Herz 20er und der Atout Zehner. Das heißt wenn ich nicht zudrehe, ist die Chance groß, dass der Gegner nach dem Abheben selbst zudreht und das Spiel gewinnt. Es gibt aber ein paar Szenarien, in denen man doch gewinnt. Alles in allem sollten die Chancen aber höchstens 20% sein. Daher ist es relativ einfach zu sagen, dass die bessere Entscheidung hier das Zudrehen ist. Viele werden sagen: „Aber man hat nur 30 Sekunden im Spiel. Eine Berechnung in so kurzer Zeit ist nicht möglich.“ Die Antwort ist Jein. Natürlich ist es nicht möglich alles genau zu berechnen, aber dieses Beispiel zeigt, dass es allein reicht, nur ungefähr seine Chance abschätzen zu können. Es ist daher viel wichtiger ein Gefühl dafür zu bekommen was die richtige Entscheidung ist und diese des Öfteren mit solchen Handanalysen zu überprüfen.
YouTube Video zur Erklärung: https://www.youtube.com/watch?v=3yrybVf3QhA